Man sieht ein Paar bei einer Notarin

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Brauche ich ein Testament?

22.05.2024

Während manche das lebenslang Ersparte im Alter für Pflege oder Urlaub ausgeben wollen, möchten andere ihren Kindern möglichst viel Vermögen hinterlassen. Beides sind legitime Ziele. Nahezu alle Menschen wünschen sich jedoch für die Zeit nach ihrem Tod klare Verhältnisse für ihre Erben. Eines der häufigsten Motive für die Nachlassplanung ist es, Streit zwischen Hinterbliebenen zu vermeiden.

In welchen Fällen ist es für mich notwendig, ein Testament zu errichten?
Es ist fast immer sinnvoll, ein Testament zu errichten. Schauen wir uns verschiedene Beispielsfälle an:

(1) Sie sind verheiratet und haben zwei Kinder. Sie leben in einem Einfamilienhaus. Ihr gemeinsames Vermögen beträgt unter 400.000 Euro. Wenn einer von Ihnen verstirbt, wird er beerbt von dem anderen Ehegatten und den beiden Kindern. Die Erben bilden eine Erbengemeinschaft, an welcher der Ehepartner mit 1/2 und die Kinder mit je 1/4 beteiligt sind. Die Erbengemeinschaft ist eine eigene Rechtspersönlichkeit und muss zwingend immer gemeinschaftlich handeln. Der überlebende Ehegatte darf über den Nachlass – auch über die Immobilie – also nur noch im Einvernehmen mit den Kindern verfügen. Wenn Sie möchten, dass der überlebende Ehegatte allein entscheiden kann, ist ein Testament erforderlich, in dem Sie ihn als Alleinerben einsetzen.

(2) Sie sind verheiratet und haben ein Kind. Ihr Vermögen beträgt 500.000 Euro, das Ihres Ehegatten 200.000 Euro. Sie möchten sich wechselseitig zu Alleinserben einsetzen und ihr Kind als Schlusserbe nach dem Letztversterbenden. Der Erbschaftssteuerfreibetrag von Ehegatten beträgt 500.000 Euro, von Kindern 400.000 Euro. Wenn Sie sich wechselseitig als Alleinerben einsetzen, vereinigt sich das Vermögen bei dem überlebenden Ehegatten auf 700.000 Euro. Da der Freibetrag Ihres Kindes lediglich 400.000 Euro beträgt, würde beim Tod des zweiten von Ihnen Erbschaftssteuer aus einem Betrag von 300.000 Euro anfallen. Sinnvoller wäre es daher, einen Teil des Vermögens bereits zu Lebzeiten auf Ihr Kind zu übertragen oder es beim Tod des Erstversterbenden zu bedenken.

(3) Sie sind geschieden und haben drei minderjährige Kinder. Sie verstehen sich mit Ihrem Ex-Partner noch gut, möchten aber nicht, dass er oder sie im Falle Ihres Todes auf Ihr Vermögen zugreifen kann. In einem solchen Fall bietet sich die Anordnung einer Testamentsvollstreckung an. Im Wege eines Testaments können Sie einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der Ihren Nachlass für die Kinder verwaltet – zum Beispiel bis zur Vollendung eines bestimmten Lebensjahres – und daraus dessen Ausbildung und Versorgung sicherstellt.

(4) Sie sind verheiratet und kinderlos. Sie haben jeweils zwei Geschwister. Ihre Mutter lebt noch, die Eltern Ihres Ehepartners sind bereits verstorben. Wenn Sie kein Testament errichten, gestaltet sich die Erbfolge wie folgt: Nach Ihnen erben Ihr Ehepartner, Ihre Mutter und Ihre Geschwister. An der Erbengemeinschaft sind Ihr Ehepartner zu 3/4, Ihre Mutter zu 1/8 und Ihre Geschwister zu je 1/16 beteiligt. Verstirbt Ihr Ehepartner zuerst, sind an der dann entstehenden Erbengemeinschaft Sie zu 3/4 und die Geschwister Ihres Ehepartners zu je 1/8 beteiligt. Auch hier darf der Überlebende über Nachlassgegenstände nicht alleine verfügen.

(5) Sie sind zum zweiten Mal verheiratet. Aus erster Ehe haben Sie bereits zwei Kinder, die in Ihrem Haushalt leben. Mit Ihrem jetzigen Ehepartner haben Sie ein weiteres gemeinsames Kind. Setzen Sie in dieser Konstellation Ihren Ehepartner als Alleinerben ein, ohne weitere Regelungen zu treffen, kommen Ihre Kinder aus erster Ehe nicht zur Erbfolge, sollten Sie zuerst versterben. Stiefkinder sind zwar im Hinblick auf Steuerfreibeträge leiblichen Kindern mittlerweile gleichgestellt, nicht jedoch hinsichtlich der Erbfolge. Ihre Kinder aus erster Ehe sind nach Ihrem Ehepartner nicht erbberechtigt, so dass diese letztlich nur etwas erhalten, wenn sie nach Ihrem Tod Pflichtteilsansprüche geltend machen.

Handschriftlich oder notariell?
Unser Erbrecht ist komplex, bietet aber auch sehr viele individuelle Gestaltungmöglichkeiten. Da jede familiäre Situation anders ist, sollten Sie sich vor Ihrer Entscheidung für oder gegen ein Testament zu Ihrer persönlichen Situation beraten lassen. Wenn Sie sich für eine letztwillige Verfügung entscheiden, stellt sich die weitere Frage, ob Sie es handschriftlich oder notariell errichten wollen. Das handschriftliche Testament erscheint zunächst kostengünstiger. Der Vorteil des notariellen Testaments ist allerdings nicht nur, dass die Beratung in der Beurkundungsgebühr enthalten ist. Sie bzw. Ihre Erben sparen zudem die in etwa gleich hohen Kosten für einen späteren Erbschein, den Erben als Erbnachweis fast immer benötigen, wenn kein notarielles Testament existiert.

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Dr. Natalie Löw und Jens-Oliver Müller

Autoren:
Dr. Natalie Löw und Jens-Oliver Müller sind Notare mit Amtssitz in Wetzlar. Ihre Kanzlei setzt einen Schwerpunkt im Bereich der Unternehmens- und Vermögensnachfolge. Den beiden dynamischen Notaren ist es wichtig, auch komplexe Sachverhalte und schwierige Lebenssituationen im Interesse aller Beteiligten professionell und empathisch zu begleiten.
www.ml-notare.de

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