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14.07.2016
Liebe Kinder und Jugendliche!
Bereits seit 1998 gibt es einen Verfahrenspfleger, der in Gerichtsverfahren mit Bezug zu Kindern und Jugendlichen eingesetzt wird. Im Jahre 2009 wurde er umbenannt in Verfahrensbeistand und ist nun in § 158 FamFG geregelt.
Jedem Kind und jedem Jugendlichen, der in ein Gerichtsverfahren verwickelt ist, steht ein Verfahrensbeistand, also sozusagen ein eigener Anwalt, zu. Grundsätzlich wird ein Verfahrensbeistand automatisch und so früh wie möglich durch das Familiengericht bestellt, das heißt sobald das Familiengericht den Sachverhalt kennt, wird es prüfen, ob die Notwendigkeit einer Verfahrensbeistandschaft besteht. Eine Notwendigkeit ergibt sich aus den Schriftsätzen und Anträgen der Rechtsanwälte der Eltern oder aus der Stellungnahme des Jugendamtes. Aber auch jeder Beteiligte kann anregen, dass eine Verfahrensbeistandschaft eingerichtet wird, also auch ihr könnt euch direkt an das Familiengericht wenden und die Verfahrensbeistandschaft beantragen.
Der Verfahrensbeistand wird dadurch nicht euer gesetzlicher Vertreter. In das Sorgerecht eurer Eltern wird nicht eingegriffen. Sie können aber gegen die Bestellung eines Verfahrensbeistandes keine Beschwerde einlegen, das heißt sie können die Verfahrensbeistandschaft nicht verhindern.
Wichtig ist, dass ihr wisst, dass ihr ein Recht darauf hat und dieses Recht auch selbst einfordern könnt. Das Familiengericht muss einen Verfahrensbeistand einsetzen, wenn ihr es verlangt; würde das Familiengericht dies ablehnen, wäre die ergangene Entscheidung für nichtig zu erklären.
Familiengerichtsverfahren mit Bezug zu Kindern / Jugendlichen sind beispielsweise Sorgerechtsverfahren bei Trennung oder Scheidung, Besuchsregelungen, Herausnahme eines Kindes aus seiner Familie wegen Kindeswohlgefährdung, Rückführung eines Kindes von der Pflegefamilie in seine Herkunftsfamilie und Unterbringungen, die mit Freiheitsentzug verbunden sind. Die Arbeit eines Verfahrensbeistandes ist also nicht einfach.
Die Aufgabe des Verfahrensbeistandes erklärt das Gesetz so: »Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im Familiengerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang zu informieren.«
Das bedeutet, der Verfahrensbeistand hat eure Rechte innerhalb des Gerichtsverfahrens wahrzunehmen. Er ist Prozessbeteiligter. Er kann Anträge stellen und Beschwerden gegen die Entscheidung des Familiengerichts einlegen. Optimalerweise begleitet der Verfahrensbeistand euch zu schwierigen Terminen wie beispielsweise Anhörungen bei Familiengericht und erklärt euch die Abläufe und die ergangene richterliche Entscheidung, ebenso wie die Möglichkeiten, diese Entscheidungen überprüfen zu lassen.
Üblicherweise wird sich der gerichtlich bestellte Verfahrensbeistand mit euch und eurem Umfeld vertraut machen und alle Erkenntnisquellen nutzen, um herauszufinden, was in eurem Interesse und zu eurem Wohl ist. Es geht darum, euren Willen zu er- und zu vermitteln. Zu eurem Umfeld gehören natürlich die Familie, aber auch Erzieher und Lehrer in Krippe, Kindergarten oder Schule. Das Familiengericht kann ihn zusätzlich beauftragten, an einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken.
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Autorin:
Lilijane Grohmann arbeitet als Rechtsanwältin mit den Schwerpunkten Familien- und Erbrecht in Gießen
www.ra-grohmann.de
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