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28.03.2018
Vom Kinderwunsch bis zum ersten Schrei des Neugeborenen ist es ein langer Weg – was für den Körper der Frau ein großer Schöpfungsakt voller Kreativität und Anstrengung darstellt, bedeutet für die werdenden Eltern viele Höhen und Tiefen, Fragen, Unsicherheiten und Glücksgefühle.
Aus den Erfahrungen anderer Mütter und Familien zu schöpfen kann hilfreich aber auch irritierend sein, vom Horrorszenario bis zur „perfekten Geburt“ bekommt das Paar alles zu hören – was ist also wirklich sinnvoll? Was hilft bei diesem neuen Lebensabschnitt wirklich weiter? Was passiert da „in mir“ als Frau – Was gibt es zu bedenken? Wie gehe ich mit all den Unsicherheiten und Ängsten die auftauchen um? Wo fangen wir an?
Die Schwangerschaft beginnt meist unauffällig, bei einigen Frauen entwickeln sich Übelkeit und Erbrechen; dies ist auf die hormonellen Veränderungen zurückzuführen und gefährdet nur selten das heranreifende Kind, eine Begleitung durch den Frauenarzt und die Hebamme ist aber unerlässlich.
Nach einigen Wochen ist dieses Unwohlsein meist zu Ende – hier können sich dann aber die berühmten Heißhungerattacken einstellen. Lust auf seltsame Geschmackskombinationen, bestimmte Früchte-/Gemüsesorten zeugen oft von der Intelligenz des Körpers sich das zu holen, was er gerade braucht.
So kam es beispielsweise in unserer Praxis zu dem Fall, dass eine Schwangere unbändige Lust auf Eierschalen hatte – es gab für sie nichts Erfüllenderes als am Abend diese wie Chips zu knuspeln. Ein Bluttest hat es dann gezeigt: ein etwas niedriger Calziumwert. Dieser war nach einigen Tagen lustvollen Eierschalen-Verzehrens wieder auf Normalniveau, der Heißhunger auf Eierschalen verschwand, und eine zusätzliche Gabe Kalziums war nicht nötig.
Gelüste auf milchsauer eingelegtes Gemüse kommt beispielsweise häufig vor und ist durchaus empfehlenswert zu genießen, denn es ist reich an wertvollen Mineralien, Spurenelementen und gleicht den Säure-Basenhaushalt ideal aus.
Bei intensiver Lust auf Zucker ist schon eher Vorsicht angezeigt, hier kann das Kauen von grüner Paprika und anderen bitteren Nahrungsmitteln Wunder wirken. Die Bauchspeicheldrüse wird angeregt, die Lust auf Süß schwindet, die Verdauung ideal unterstützt. Und der Blutzuckerspiegel geschont.
Das Thema Nahrung und Verdauung ist offensichtlich essenziell in der Schwangerschaft, Tipps wie „Essen für zwei“ gehören der Vergangenheit an, wir wissen heute, dass der Körper normalerweise dazu in der Lage ist, aus gesunder Nahrung alles für das heranreifende Leben bereit zu stellen.
Trotz ausreichendem Wasser trinken und gutem Essen können sich Probleme mit dem Stuhlgang einstellen; auch hier ist der Körper eigentlich sehr intelligent. Eine etwas verlangsamte Darmperistaltik schützt die Gebärmutter vorzeitige Wehen auszulösen. Einläufe sind also, wenn überhaupt, nur unter ärztlicher Aufsicht empfehlenswert. In der Geburtsphase indes kann es ein hilfreiches Unterstützungsmittel sein.
Die voranschreitende Schwangerschaft baut den Körper in essenziellen Prozessen um – ein spannender, schöner aber zuweilen auch anstrengender Vorgang. Sich dies bewusst zu machen hilft über so manche Belastung hinweg, und dieses kleine, groß werdende Wunder wird noch unglaublicher: Es zirkulieren bis zu 1,5 Liter mehr Blut im Körper (dies kann zu einem Gefühl von heißen Händen und Füßen führen), die Bänder und Sehnen werden geschmeidiger (was z.B. zu größeren Füßen führen kann, nicht selten das Tragen von größeren Schuhen notwendig macht), das Becken weitet sich um bis zu 7 cm als eine nötige Vorbereitung für das Hindurchgleiten des Kindes und die Hormonumstellung kann zu vermehrten Schwitzen, den berühmten Stimmungsschwankungen und Haarausfall führen, manche Frauen haben aber erst nach der Schwangerschaft mit Haarausfall, Schwitzen und Stimmungsschwankungen zu kämpfen.
Aber damit nicht genug: mit dem größer werden der Gebärmutter schieben sich die Gedärme und Bauchorgane zur Seite und nach oben, für den Magen wird es ebenso beengt wie für die Lunge. Atemübungen, Spazieren gehen und z.B. Schwangerenyoga sind hier äußerst hilfreich und fördern intensiv das Wohlbefinden.
Spätestens in den letzten Wochen der Schwangerschaft wird der Schlaf oberflächlicher, immer wieder muss die werdende Mutter auch in der Nacht zur Toilette, die Nachtruhe gleicht einem stundenweisen Etappen-Nickerchen. Von tiefer Erholung und Durchschlafen kann hier kaum die Rede sein. Man ahnt schon, dass hier eingeübt wird mit den anfänglich sehr chaotischen Schlafrythmen des Neugeborenen umgehen zu können…
Die Geburt des Kindes initiiert das Zurück-umgekrempelt-werden. Bei einer natürlichen Geburt wird nicht nur das Kind geboren: in einem zweiten, kurzen Wehenablauf wird auch die Nachgeburt geboren, dies ist natürlich nicht ganz so anstrengend und langwierig wie die Kindesgeburt, manche Frau wird hier aber dennoch überrascht.
Auch das mit jedem geborenen Kind die Nachwehen in den ersten Wochen nach der Geburt an Intensität zunehmen, wird selten kommuniziert. Erste Anlaufstelle für Hilfe und Beratung ist nach wie vor die betreuende Hebamme.
Die Monate der Rückbildung vergehen, alles kommt wieder an seinen gewohnten Platz, die Erscheinungen und Gelüste schwinden. Ganz die Alte? Alles wie gewohnt?
Nun heißt es noch mehr Gelassenheit üben, neugierig mit den neuen Gefühlen und Situationen umgehen – vieles bildet sich wieder zurück, man kommt wieder zu sich, taucht auf, das Baby und die Partnerschaft sortieren sich über einen längeren Prozess. Es ist ganz normal dass die Gefühle zuweilen hohe Wellen schlagen, das Baby auch mal schreit, die Nächte zu Tagen werden…
Junge Familien finden in Deutschland erfreulicherweise ein starkes Netzwerk an Beratung, Unterstützung und Heilkunde. Früher hieß es „Es braucht ein ganzes Dorf ein Kind groß zu ziehen“ – heute haben wir diesen Beistand deutlich erweitert. Als werdende Eltern kann man sich also auf sein Kind auf ganzer Linie freuen!
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Autorin:
Lea Bernhardt, Jahrgang 1976, verheiratet, Mutter von vier Kindern. Sie ist Osteopathin und Yoga-Lehrerin mit eigener Praxis und Yoga-Angebot in Lahnau
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