Man sieht ein verliebtes Paar romantisch bei Kerzenschein

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Eltern sein – Paar bleiben

von Christiane Seipel – 27.01.2023

Viele Eltern stehen vor folgendem Problem: Das Leben dreht sich um den Nachwuchs. Unterhaltungen mit dem Partner kreisen um die lieben Kleinen. Sie hören die Sehnsucht nach der vertrauten Zweisamkeit vor dem Elternsein als kleine Stimme, doch der Lärm des Alltags ist oftmals zu laut.

Wer kennt das nicht: Man nimmt sich am Sonntagabend fest vor, kommende Woche etwas als Paar zu unternehmen und bemerkt am folgenden Wochenende, dass die Woche schon wieder wie im Flug verging – ohne Paar-Zeit. Doch woran liegt das?

„Uns fehlt der Babysitter.“
Viele Paare beklagen, dass sie zwar den Wunsch haben mit dem Partner etwas gemeinsam zu unternehmen, dass es aber an der fehlenden Betreuung für den Nachwuchs scheitere. Nicht immer wohnen Oma oder Opa in greifbarer Nähe. Da hilft eine gute Planung. So kann man beispielsweise die Kinder anderer Eltern zu einer Übernachtungsparty einladen, die sich dann ein andermal ihrerseits mit einer Übernachtungseinladung revanchieren können – was zu einem freien Abend für euch führt.

Oder man hört sich nach Teenagern oder Jugendlichen um, die sich mit Babysitten ihr Taschengeld aufbessern möchten. Findet man sogar einen mit „Babysitter-Diplom“, kann man noch beruhigter ausgehen, denn diese sind im Umgang mit Kindernotfällen ausgebildet.

„Wir haben keine Zeit das einzuplanen“
Wenn man etwas miteinander unternehmen möchte, es aber irgendwie nie dazu kommt, weil die Zeit an einem vorbeiWenn die Zeit zu hektisch rast hilft nur eins: ein festes Date vereinbaren und im Kalender festhalten!

Doch der Alltag als Familie ist meistens anstrengender als das Leben davor, selbst wenn man nicht oder weniger arbeitet. Manchmal liegen zu viele Termine an. Man geht zu den Vorsorgeuntersuchungen, als Frau absolviert man einen Rückbildungskurs und für eine gute Figur danach vielleicht gleich noch einen Aufbaukurs. Und natürlich möchte man mit Musikalischer Früherziehung das Baby zu einer guten Entwicklung animieren. Bei älteren Kindern ist man womöglich jeden Tag in der Woche von einem Verein zum nächsten als Taxi unterwegs.

Bei dieser Terminflut ist es für manche Paare undenkbar auch noch einen „Termin“ für die gemeinsame Paar-Zeit einzuplanen. Vielleicht hilft es, sich gedanklich in die Zeit zurückzuversetzen, als man noch in der ersten Kennenlernzeit war. Die Zeit, in der man sich auch für ein Date verabredet hat. Wo freudige Aufregung auf das bevorstehende Treffen noch ein kribbeliges Gefühl verursachte. Man sah es nicht als „Termin“, sondern als Date. Vereinbart also keinen Termin, sondern ein Date.

„Was sollten wir in der Paar-Zeit machen?“
Wie habt ihr eure Dates verbracht, bevor sich euer Leben um das Kind oder die Kinder drehte? Knüpft daran an. Nehmt die sportlichen Aktivitäten wieder auf. Schaut euch auf der Kinoleinwand einen Film an und teilt euch Popcorn. Besucht gemeinsam einen Weihnachtsmarkt und werft euch bei einem Liebesapfel mit Punsch verstohlene Blicke zu. Sprecht über Träume, Sehnsüchte, Urlaubsziele. Schaut auf euch, auf den Moment und genießt die Zweisamkeit.

Ihr könnt auch gemeinsam neue Dinge ausprobieren. Wie wäre eine Theatergruppe oder ihr erlernt gemeinsam eine Fremdsprache. Vielleicht für den nächsten Urlaub, der mal ganz woanders hingeht.

Man muss auch nicht ausgehen, um gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen. Lasst euch Essen bringen, wenn die Kinder im Bett (oder außer Haus untergebracht) sind und zelebriert ein romantisches Dinner.

„Für uns war es besonders in den ersten zwei Jahren undenkbar, die Kinder allein zuhause zu lassen“, verrät Heike (32), Mutter von inzwischen 5-jährigen Zwillingen. „Deshalb haben wir auf eine feste Routine mit früher Bettgehzeit um 18.30 Uhr bestanden, was überwiegend funktioniert hat. Dadurch hatten Robert und ich danach Zeit für uns. Wir haben dann Schach gespielt, eine Leidenschaft von uns beiden, oder auch mal einfach nur bei einem Glas Wein auf der Couch gekuschelt und dabei einen Film geschaut.“

Ideen, was man noch gemeinsam unternehmen könnte, wenn man die Zeit zu zweit Zuhause verbringen möchte oder muss, haben wir euch in einer Can-Do-Liste aufgestellt.

Plant euren nächsten Urlaub: Wohin reisen wir? Jeder bringt seine Ideen ein und im ersten Brainstorm ist jede Idee, und sei sie scheinbar noch so unrealistisch, erlaubt. Informiert euch ganz unvoreingenommen darüber, welche Aktivitäten man dort vor Ort machen könnte – mit und ohne Kinder. Wie wäre es beispielsweise mit einem Wochenendtrip in ein (Familien)Hotel mit Kinderanimation?

„Wir haben uns nicht viel zu sagen.“
Oft sind die Sorgen so übermächtig, dass man glaubt, man habe sich als Paar nichts mehr zu sagen. Wie man sich auch bemüht, man verknüpft etwas, das man hört oder sieht ungewollt mit den Kindern oder ihrem Umfeld.

Macht euch klar: Ihr seid noch das Paar, das ihr vor den Kindern wart und auch wieder nicht. Seit der Geburt eures Kindes lebt ein Teil von euch außerhalb eures Körpers. Da ist es doch klar, dass es in eurem Denken großen Platz einnimmt.

Aber ihr könnt gemeinsam überlegen, wer ihr außerhalb eurer Elternrolle seid. Was wünscht ihr euch für den Alltag? Für die Zweisamkeit? Für die Familie? Wo decken sich euer beider Wünsche? Wo könnt ihr euch gegenseitig unterstützen?

Wenn ihr merkt, dass ihr in die Vorwurfsfalle tappt, weil ihr euch in eurer Rolle innerhalb der Familie unwohl oder gar benachteiligt und unbeachtet fühlt, sucht euch Hilfe. Ein unparteiischer Gesprächspartner, sei es ein Seelsorger, ein Paar- oder Familientherapeut, kann manchmal helfen die Gedanken des Einzelnen für den Anderen verständlicher zu machen.

Wieder ins Gespräch kommen
Um sich (wieder) näher zu kommen oder das Paar-Gefühl zu verstärken, könntet ihr euch kurze Text- oder Bildnachrichten schicken.

„Da ich so früh müde bin, gehe ich lange vor meinem Mann ins Bett“, berichtet Jessica (26), Mutter eines Zweijährigen. „Da er zudem später aufsteht als ich, hat er sich irgendwann angewöhnt, mir vor seinem Schlafengehen ein Guten-Morgen-Bildchen per WhatsApp zu schicken. Das zaubert mir bei meinem ersten Kaffee immer ein Lächeln auf das Gesicht.“

Bei Steffi (31), Mutter von zwei Kindern (3+8 Jahre) läuft es umgekehrt. „Wenn ich meinem Mann die Brotzeit mache, lege ich ihm ab und an ein Post-It mit einem einfachen Herz oder einem Spruch mit in die Box. Wenn ich ihm eine Banane mitgebe, schreibe ich meine Botschaft direkt mit dem Kuli auf die Schale“, fügt sie schmunzelnd hinzu.

Diese kleinen Aufmerksamkeiten, die in der Kennenlern- oder Anfangszeit völlig selbstverständlich waren und auf leisen Sohlen aus dem Alltag verschwanden, sind es, die man wieder zurück in seine Beziehung holen sollte. Ein Lob, wenn das Abendessen mal besonders gut schmeckt, reicht nicht immer aus. Zeigt euch gegenseitig Wertschätzung.

„Mein Mann hat kürzlich die Kleiderstange repariert, die unter der Last meiner Klamotten runtergekracht ist“, erzählt Steffi noch. „Als er fertig war, habe ich mich bei ihm bedankt und ihm gesagt, wie stolz ich darauf bin, dass er solche Dinge allein in Ordnung bringen kann. Das ist mir wichtig, denn, wenn ich das bei ihm tue, kommt es in der Regel auch von ihm zurück.“

Es sind nicht immer die großen Gesten zu außergewöhnlichen Zeiten, sondern die kleinen Gesten im Alltag, wie der Abschiedskuss vor der Arbeit oder der Begrüßungskuss nach der Arbeit, die eine Beziehung lebendig und die Partner nahe beieinander halten.

„Was bringt die Paar-Zeit?“
Manchmal verlieren sich Paare innerhalb der Familie aus den Augen. Man kann sich innerhalb der Familie, egal wie groß und wie lebhaft sie ist, durchaus einsam fühlen.

Als Elternteil ist man ständigen Forderungen ausgesetzt. Die Familie möchte ernährt, gepflegt und gekleidet werden. Zudem sind da noch Unterstützung bei den Hausaufgaben, Lernen für Klassenarbeiten, Sorgen und Probleme der Kleinen die man lösen möchte, Hilfsdienste bei Veranstaltungen der Kita, der Schule oder des Vereins, Elternabende. Abends, wenn der Partner nach Hause kommt, hört man sich beispielsweise an, wie es auf der Arbeit lief und erzählt seinerseits wie es zu Hause lief.

Simone und Martin erzählen, wie es zu ihrer Paar-Zeit kam:
„Wenn unsere Kinder endlich im Bett waren, habe ich meinem Mann Martin von meinem chaotischen Tag erzählt“, berichtet Simone (36), Mutter von drei Kindern (4, 6 und 8 Jahre). „Dadurch kam ich erst recht nicht runter und hatte das Gefühl restlos völlig überfordert zu sein. Also sagte ich ihm, dass ich das so nicht mehr möchte. Er fühlte sich dadurch aber aus dem Familienalltag ausgeschlossen, denn er konnte die Nachmittage wegen seiner Arbeit natürlich nicht selbst miterleben. Wir waren in einer Zwickmühle.“

Martin (40) nickt zustimmend und übernimmt: „Dann hatten wir die Idee, zwei Abende im Kalender fest zu vereinbaren. Sonntags setzen wir uns nun zusammen und Simone erzählt mir, wie die vergangene Woche war, was die kommende Woche über ansteht und wie sie sich mit allem fühlt. Dadurch kann ich sie besser unterstützten, indem ich zum Beispiel an einem vollgepackten Tag etwas früher von der Arbeit komme und zum Beispiel Paul vom Fußball abhole, während sie sich um die Belange der Mädchen kümmert.“

„Genau“, stimmt Simone zu. „Und donnerstags gehen wir gemeinsam aus. Essen oder mal ins Kino. Wir haben lange überlegt, wie wir das bewerkstelligen können, da die Großeltern zu weit weg wohnen. Doch uns wurde bewusst, dass wir in einer tollen Nachbarschaft leben und wir fragten uns dezent durch, wer bereit wäre, sich donnerstags für zwei Stündchen zu unseren schlafenden Kindern zu setzen. Wir waren total überrascht, nun eine Liste mit vier Namen zu haben und alle freuen sich immer schon auf den Donnerstag. Das ist für uns natürlich beruhigend und so können wir diese Zeit in vollen Zügen genießen. An diesem Abend ist, im Gegensatz zu Sonntagabend, das Thema Kinder natürlich tabu.“ Simone schmunzelt. Martin kann sich ein Grinsen nicht verkneifen und fügt hinzu: „Meistens jedenfalls.“

Rituale sind wichtig…
… wie jeder weiß. Rituale helfen Kindern dabei, sich in der Tages-/Wochenstruktur zurecht zu finden. Sie wissen zum Beispiel, wenn die Gute-Nacht-Geschichte kommt, ist Zeit zum Schlafen.

Ebenso können Kindern lernen, dass für Eltern solche Rituale ebenso wichtig sind. Wenn Eltern sich regelmäßig ihre Paar-Zeit nehmen, gehört dies für die Kinder nach einer Weile genauso zur Tagesstruktur, wie das Kinderturnen am Montag oder die Krabbelgruppe am Freitag.

Wenn die Paar-Zeit neu im Familienalltag ist, müssen sich nicht nur die Eltern an diesen „neuen“ Punkt gewöhnen, sondern auch die Kinder. Es kann anfangs bei den Kleinen auf Unverständnis stoßen, dass die Eltern allein – ohne sie – ausgehen wollen. Der Protest wird vermutlich jedoch von Mal zu Mal weniger, da die Kinder sich über kurz oder lang daran gewöhnen. Wesentlich ist hierbei, dem Kind zu zeigen, dass diese Paar-Zeit für beide Elternteile eine wirklich wichtige Zeit zu zweit ist.

Genießt euch als Paar. Erinnert euch daran, was euch als Paar ausmacht und nehmt euch die Zeit, das auszuleben – ganz ohne Kinder. Denkt dran: Paar-Zeit ist die Tankstelle, an der ihr für den Familienalltag auftankt.

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