© Monkey Business – stock.adobe.com
von Yvonne Antoni – 08.07.2024
Anfang März konnte man folgende Schlagzeile lesen: „Kinder werden immer träger“. Denn bei einer Studie der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) kam heraus, dass immer mehr Kinder und Jugendliche unter Bewegungsmangel leiden, was das Risiko von Langzeitschäden erhöht.
Laut der Krankenkasse ist der Anteil versicherter Kinder mit motorischen Entwicklungsstörungen zwischen 2012 und 2022 um 44 Prozent gestiegen. Zudem waren im Jahr 2022 laut KKH mehr als doppelt so viele Jungen betroffen wie Mädchen.
Bewegungsmangel erhöht laut KKH das Risiko für verschiedene körperliche und psychische Krankheiten wie Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, mangelndes Selbstvertrauen und Ängste. Daher ist es wichtig, Bewegung frühzeitig in den Alltag von Kindern zu integrieren.
Zu viele Bewegungsmuffel
Die Zahlen sind alarmierend, aber nicht neu. Schon seit Jahren steigen sie an – die Corona-Zeit hat dieses Phänomen noch verstärkt. Für längere Zeit ging nichts mehr im Verein, im Tanzstudio oder im Schwimmbad. Viele Kinder mussten regelrecht wieder lernen, Sport zu treiben.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass sich schulpflichtige Kinder täglich mindestens eine Stunde lang bewegen. Schaut man sich den Tagesablauf vieler Kinder an, so sieht das oft so aus: Morgens werden sie im Elterntaxi zur Schule gebracht, dann sitzen sie stundenlang im Klassenzimmer und verbringen schließlich ihre Freizeit damit, auf ihren Smartphones oder Tablets zu chatten und zu spielen. Das ist nicht bei allen Kindern ist so, die Tendenz ist aber klar zu verzeichnen. Und wir Erwachsene sind ja oft nicht viel besser.
Bewegung sollte in jedem Alter ein natürlicher Bestandteil des Alltags sein – dabei ist es egal, ob es das gemeinsame Laufen zur Schule oder das Fußballspiel am Wochenende ist.
In Sportarten „reinschnuppern“
Hat euer Kind ein Faible für eine bestimmte Sportart oder ein Vorbild, dem es nacheifern will? Dann sollte man versuchen, es ihm zu ermöglichen. Natürlich kann es schwierig sein, alle Wünsche erfüllen, denn das Ganze ist teilweise mit hohen Kosten und viel Zeitaufwand verbunden. Jedoch findet sich auch hierfür eine Lösung, in dem man beispielsweise Fahrgemeinschaften bildet, und fast überall gibt es Vereine, die ein breites Angebot für die ganze Familie haben und bei denen die Mitgliedschaft verhältnismäßig günstig ist.
Tipp: Fast alle Sportvereine und auch die Tanz-, Kampfsportstudios & Co. bieten kostenlose Schnupperstunden an, bevor man einen Vertrag abschließt. Nutzt das unbedingt! Oft braucht ein Kind mehrere Anläufe, um „seinen“ Sport zu finden. Unsere Tochter hat auch Verschiedenes ausprobiert, bis sie jetzt mit Volleyball „ihre“ Sportart gefunden hat.
Praktisch: Die großen Vereine bieten in den Ferien oder auch an den Brückentagen Camps an, bei denen die Kids gleich mehrere Sportarten ausprobieren können.
Vereinssport und Wettkämpfe sind aber nicht für jedes Kind etwas. Und kein Kind sollte Sport machen „müssen“, nur weil die Eltern das gern möchten. Der Sohn meiner Freundin ist musikalisch sehr begabt und spielt mit Leidenschaft zwei Instrumente. Er hat eine Zeitlang Fußball im Verein seines Papas gespielt. Nach einer Weile merkte er, dass das überhaupt nicht sein Ding ist. Für die Eltern war es völlig okay, als er damit aufhörte. Die Familie achtet jetzt darauf, dass Bela durch gemeinsame Fahrradausflüge genügend Bewegung bekommt.
Fazit: Nur, wenn die Leidenschaft dafür da ist, wird das Kind auch mit Begeisterung bei der Sache sein und die Freude an der Bewegung nicht verlieren.
Die Vorteile von Sport und Bewegung für Kinder
Unser Titelthema heißt „Mit Spaß in Bewegung“ – und genau dort sollte man ansetzen, wenn man Kinder dazu motivieren möchte, Sport zu treiben. Denn wenn sie Freude an körperlicher Aktivität haben, sind sie eher bereit, regelmäßig Sport zu treiben und das Handy auch mal wegzulegen.
Sport und Bewegung bieten zahlreiche gesundheitliche Vorteile für Kinder, darunter die Kräftigung von Muskeln und Knochen und die Stärkung des Immunsystems.
Außerdem können sie das Risiko von Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern. Durch Sport entwickeln Kinder wichtige motorische, soziale und kognitive Fähigkeiten. Sie lernen Durchhaltevermögen, Koordination und bekommen Selbstvertrauen.
Er bietet ihnen außerdem die Möglichkeit, neue Freundschaften zu schließen und Teamgeist zu entwickeln. Durch das gemeinsame Trainieren und Spielen werden Kommunikation, Zusammenarbeit und Fairplay gestärkt.
Weg von Tablet & Co
Okay, die Vorteile von Sport und Bewegung liegen auf der Hand. Aber wie bekommen wir unsere Kinder dazu, sich mehr zu bewegen? Ich habe die Kolleginnen gefragt, wie sie ihre Kids weg von Tablet & Co bekommen und ein paar Tipps zusammengestellt.
Bei kleineren Kindern ist es meist einfacher, sie dazu zu bringen, sich zu bewegen: Die 4 und 6 Jahre alten Söhne unserer Kollegin Jasmin motivieren sich gegenseitig, sobald sie am Toben sind. „Egal bei welchem Wetter – spätestens, wenn man rausgeht, wird gerannt, gehüpft, Ball gespielt und was es sonst noch an Möglichkeiten gibt.“ Sie meint, „es ist so wichtig, dass man Kindern den Spaß am Toben und Klettern lässt und sie so ihre Grenzen austesten können.“
Tine bekommt ihre 6-jährige Tochter momentan super mit „Pokemon Go“ zu längeren Spaziergängen (wobei sie da das Handy in der Hand hat).
Bei Melanies Sohn ist seit der Coronazeit Geocaching ein Antrieb, sich öfter aufs Fahrrad zu setzen oder mehr durch Wald und Wiese zu laufen als sonst. Janikas Kinder lieben ihre Hüpfmatten, die sie jedem empfiehlt, der (kleinere) Kinder hat. Außerdem hat sie den Tipp, drinnen einen Kletterparcours aufzubauen.
Je älter sie werden, umso schwieriger wird das mit der Motivation. Bei Janinas Töchtern ist Reiten immer eine sichere Sache. Unsere elfjährige Tochter können wir gut rauslocken, wenn wir den Spaziergang oder das Fahrradfahren mit einem Besuch im Eiscafé verbinden…
Und falls eure Kinder Inspiration benötigen, was es noch alles gibt, findet ihr hier eine Liste von nicht ganz so bekannten Sportarten: Bogenschießen, Rope-Skipping, Fechten, Aikido, Ju-Jutsu, Capoeira, Parcours, Hockey, Fechten, Floorball, Fußballgolf, Slackline, Boule, Kickboxen, Bouldern, Boccia, Lacrosse, Quidditch, Curling…
Inklusion und Integration durch Sport
Die vielen positiven körperlichen und psychischen Effekte von Sport gelten auch für Kinder mit Behinderung. Er fördert im Alltag ihr Aktivitätsspektrum, ihre Autonomie und soziale Interaktion. Darüber hinaus ist Sport besonders gut geeignet, um das gegenseitige Verständnis von Menschen mit und ohne Behinderung zu stärken, sowie Vorurteile und Berührungsängste abzubauen.
Viele hessische Vereine bieten integrative Sportgruppen für Kinder an. Es lohnt sich, da einmal nachzufragen. Denn vom gemeinsamen Sport profitieren alle – er ist eine ideale Möglichkeit für eine gelungene Inklusion.
Quellen:
Kaufmännische Krankenkasse: www.kkh.de
Hessischer Turnverband: www.htv-online.de
Hessisches Innenministerium: www.innen.hessen.de
Anzeige
Anzeige
Die GRIMMWELT von A bis Z
Die GRIMMWELT Kassel lädt Groß und Klein ein, um Bekanntes und Unbekanntes über die Brüder Grimm zu erfahren.
Weitere interessante Beiträge für dich:
Pubertät – Grenzerfahrung für die Familie
Gefühlsausbrüche, Schweißgeruch, unaufgeräumte Zimmer, zugeknallte Türen – Hilfe, wir haben ein Pubertier! Was machen wir nun?
Pflegekinder in der Pubertät
In der Pubertät stehen Pflegekinder vor besonderen Herausforderungen. Identitätsfragen, Loyalitätskonflikte und Unsicherheit prägen diese Zeit.