© blackday – stock.adobe.com
23.09.2024
Für Aufsehen in den letzten Monaten erregte ein kurzes Video, welches im Urlaubsparadies Sylt aufgenommen wurde. Zu sehen waren einige Teilnehmer einer kommerziellen Partyveranstaltung, die zu einem bekannten Hit von Gigi D’Agostino rassistische Parolen grölten und zugleich Gesten zeigten, die an verbotene nationalsozialistische Parolen vergangener Zeiten deuteten.
Das Video verbreitete sich rasch in den sozialen Medien. Nur kurze Zeit später wurde berichtet, dass einige Arbeitgeber, welche Mitarbeiter ihrer Unternehmen auf den Videos erkannten, gegenüber diesen Kündigungen ausgesprochen haben sollen. Doch ist eine solche Kündigung rechtswirksam? Insoweit ist die Frage zu klären, ob und unter welchen Umständen privates Verhalten in der Freizeit von Arbeitnehmern negative Auswirkungen auf ihr Arbeitsverhältnis haben kann.
Zunächst gilt erst einmal, dass privates Fehlverhalten eines Arbeitnehmers grundsätzlich keinen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis hat, solange das Verhalten nicht unmittelbar gegen das Arbeitsverhältnis oder den Arbeitgeber wirkt. Dies gilt auch für ein strafrechtlich relevantes Verhalten im privaten Lebensbereich. Nur in Ausnahmefällen ist ein solches Verhalten geeignet, eine ordentliche oder gar außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Eine Kündigung würde voraussetzen, dass durch das private Verhalten des Arbeitnehmers schützenswerte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden, das Verhalten negative Auswirkungen auf den Betrieb hat oder etwa einen Bezug zur vertraglichen Tätigkeit aufweist.
Bereits im Jahr 2017 musste sich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen mit einem ähnlich gelagerten Fall befassen, bei dem ein Mitarbeiter eines bekannten Automobilherstellers während seines Urlaubs eine nachempfundene Reichskriegsflagge in einer Bar ausbreitete und daraufhin von seinem Arbeitgeber die Kündigung erhielt. Das Landesarbeitsgericht erklärte die Kündigung seinerzeit für unwirksam und begründete dies damit, dass ein Bezug zwischen dem außerdienstlichen Verhalten und dem Arbeitsverhältnis nicht gegeben sei. Nach Auffassung des Gerichts könne ein solcher Bezug vor allem dann angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer Betriebsmittel des Arbeitgebers nutze oder dieser aufgrund von Firmenkleidung etwa direkt identifiziert werden könne. Auch – so das Gericht weiter – sei für den Mitarbeiter nicht vorhersehbar gewesen, dass entsprechendes Filmmaterial überhaupt veröffentlicht werde.
Überträgt man diese Grundsätze auf das Verhalten der Partytreibenden auf Sylt, so wird man jedenfalls kaum annehmen können, dass eine im Jahr 2024 aufgenommene Person nicht damit rechnen musste, dass das Video im Internet verbreitet werden könnte. Insbesondere dann nicht, wenn die Personen sich bei ihren Taten auch noch selbst filmen und die Videos verbreiten. Das zuvor genannte Urteil verdeutlicht dennoch den strengen Maßstab der Rechtsprechung in solchen Fällen. Wie so oft im Arbeitsrecht, wird die Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung am Einzelfall orientiert zu treffen sein. Ein wesentliches Kriterium wird hierbei sein, inwieweit Interessen des Arbeitgebers durch das private Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich beeinträchtigt wurden und ob dem Arbeitgeber möglicherweise ein Schaden entstanden ist.
Festzuhalten ist, dass das private Verhalten eines Arbeitnehmers durchaus arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Wie diese Konsequenzen letztlich für die betroffenen Partyteilnehmer auf Sylt aussehen werden, bleibt abzuwarten. Dass das Verhalten jedenfalls aber strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, dürfte außer Frage stehen.
Anzeige
Anzeige
Die GRIMMWELT von A bis Z
Die GRIMMWELT Kassel lädt Groß und Klein ein, um Bekanntes und Unbekanntes über die Brüder Grimm zu erfahren.
.
Kinderträume werden Wirklichkeit
Egal, ob es eine Dino-, Superhelden- oder Prinzessinnen-Party sein soll, in der KreativWerkstatt ist alles möglich.
Autor:
Eike Schuchmann ist Jahrgang 1991 und seit 2021 Anwalt
www.mewes-arbeitsrecht.de
Weitere interessante Beiträge für dich:
Pubertät – Grenzerfahrung für die Familie
Gefühlsausbrüche, Schweißgeruch, unaufgeräumte Zimmer, zugeknallte Türen – Hilfe, wir haben ein Pubertier! Was machen wir nun?
Kieferwachstum und Pubertät
Während der Kindheit und Pubertät durchläuft der Kiefer verschiedene Phasen, die das Gebiss formen und beeinflussen.