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31.07.2018
Das Wohlergehen von Kindern ist untrennbar mit ihrer Familie verbunden. Deshalb ist die sogenannte systemische Betrachtungsweise unerlässlich. Ausgebildete Therapeuten orientieren sich am aktuellen Lebensumfeld und unterstützen die Kinder mit diesem Hintergrundwissen sinnvoll. Wir stellen Fragen zur Praxis:
Frau Kämmerer, Sie sind Supervisorin und arbeiten in vielen Teams von Kindertageseinrichtungen und Schulen. Was zeichnet die systemische Arbeit aus?
Das systemische Arbeiten hilft den Fachkräften sehr, um nicht nur die Auffälligkeiten eines Kindes in den Fokus zu nehmen. Der systemische Ansatz bedeutet, den Kontext eines Kindes, einer Familie, zu betrachten – ähnlich wie bei einem Mobile. Wenn sich ein Familienmitglied bewegt und verändert, dann ist Raum für Veränderung und Entwicklung in der gesamten Familie.
Was ist der Unterschied zu anderen pädagogischen Ansätzen im Praxisalltag?
Ein wesentlicher Unterschied ist die Ressourcenorientierung und die Wertschätzung der Familie gegenüber. Im Volksmund würde man sagen: Das Glas ist immer halb voll und nicht halb leer. Die systemische Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie immer nach den Ressourcen und Fähigkeiten eines Kindes ausgerichtet ist und auch die Potenziale einer Familie sieht und nicht deren Defizite. Auch die Wertschätzung einer Familie gegenüber ist die Eintrittskarte für eine Erziehungspartnerschaft auf Augenhöhe.
Könnten denn Fachkräfte mehr von der systemischen Arbeit Gebrauch machen?
Auf jeden Fall. Wenn ich als Fachkraft die Symptome eines Kindes als „sinnvoll“ einstufe, kann ich ganz anders mit dem Verhalten des Kindes umgehen. Eine „Störung“ macht Sinn und dient dazu, auf etwas aufmerksam zu machen, was verändert werden will. Diese Haltung in der Elternarbeit anzunehmen wäre für alle ein großer Gewinn.
Wo kann diese Qualifikation und Kenntnis gelernt werden?
Letztendlich geht es um die professionelle Haltung von Fachkräften und die Einsicht, gemeinsam mit den Eltern nach deren Tempo eine Entwicklung anzustoßen. Oft fehlt dafür die Zeit für ein tieferes Verständnis, was Familien bewegt und antreibt. Aber ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass es sich immer wieder lohnt. Eine Ausbildung oder ein Seminar zur systemischen Arbeit kann für viele Fachkräfte enorme Entlastung bedeuten.
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Unsere Interview-Partnerin:
Stephanie Kämmerer ist Diplom-Sozialarbeiterin, Systemische Supervisorin, Organisationsberaterin (DGSF), Coach und Trainerin, Ausbilderin und Referentin in Hanau
http://www.gemma-hanau.de/
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