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29.05.2023
Am 20. Dezember 2022, also kurz vor Weihnachten, als sich viele schon auf die Weihnachtsferien, auf den Winterurlaub im Schnee in den Bergen hin fieberten oder andere den kommenden Sommerurlaub planten, bescherte uns das Bundesarbeitsgericht (BAG) nach einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine neue Entscheidung zum Urlaubsrecht. Diesmal zu der Frage: Unter welchen Umständen verfällt eigentlich der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht?
Geklagt hatte ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, welcher als Frachtfahrer am Flughafen beschäftigt war und in der Zeit vom 1. Dezember 2014 bis August 2019 aufgrund einer vollen Erwerbsminderung seiner Tätigkeit nicht nachgehen konnte. Dieser Arbeitnehmer begehrt nun den Resturlaub von 24 Tagen aus dem Jahr 2014.
Nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes soll der Jahresurlaub am Ende des Kalenderjahres oder nach einem Übertragungszeitraum bis zum 31. März des Folgejahres genommen sein. Der Urlaub erlischt zu diesen Zeitpunkten, wenn der Arbeitgeber die jeweiligen Arbeitnehmer zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufgefordert und zuvor darauf hingewiesen hatte, dass der Urlaub ansonsten zu den vorgenannten Zeiten erlischt.
Etwas anders war es im Falle, wenn der Urlaub aufgrund einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte. Für diese Fälle hatte die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass dieser Urlaub nach einer 15-Monatsfrist, also am
31. März des zweiten Folgejahres untergeht. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nun seiner neuen Entscheidung vom 20.12.2022 (9 AZR 245/19) weiterentwickelt.
Der Entscheidung des BAG zufolge kommt es grundlegend darauf an, ob der Arbeitnehmer im jeweiligen Urlaubsjahr vor seiner andauernden Arbeitsunfähigkeit oder dem Eintritt der Erwerbsminderung noch gearbeitet hat oder nicht. Der Urlaubsanspruch soll auch weiterhin nach Ablauf von 15 Monaten verfallen, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres ununterbrochen bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen.
Etwas anderes soll jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann gelten, wenn der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr tatsächlich noch gearbeitet hat. In diesem Fall verfällt der Anspruch auf Erholungsurlaub nur, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist und der Arbeitnehmer so in die Lage versetzt wurde, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen.
Die Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers haben im Hinblick auf eine Verjährung von Urlaubsansprüchen eine hohe Relevanz, wie das BAG nunmehr ebenfalls feststellte.
Weist der Arbeitgeber nämlich seine Beschäftigten nicht darauf hin, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt, kann er sich später nicht auf eine Verjährung berufen. Dies führt für Arbeitnehmer dazu, dass auch Urlaubsansprüche aus früheren Jahren noch geltend machen können, da diese weder nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes verfallen noch nach kurzen verjährungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) – dreijährige Verjährungsfrist – verjähren.
Betroffene Arbeitnehmer können somit selbst nach einem langen Zeitraum der Abwesenheit den restlichen Urlaub noch in Anspruch nehmen oder sich diesen am Ende des Arbeitsverhältnisses in Geld abgelten lassen. Die vorgenannten Regelungen zur Verjährung gelten allerdings nicht für den Urlaubsabgeltungsanspruch selbst.
Dieser Anspruch unterliegt grundsätzlich der dreijährigen Verjährungsfrist nach dem BGB, welche in der Regel am Ende des Kalenderjahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, beginnt. Auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit durch den Arbeitgeber komme es hier nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts jedoch gerade nicht an.
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Autor:
Eike Schuchmann ist Jahrgang 1991 und seit 2021 Anwalt
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